Das Frauenressort der Stadt Linz setzt weiterhin einen großen Schwerpunkt auf Gewaltschutz – und Gewaltprävention und baut ihre beiden Kampagnen zum sicheren Nachtleben „LUISA IST DA!“ und die Kampagne gegen K.O.-Tropfen „SO WHAT?! #notyourfault“ weiter aus.
„Gewalt gegen Frauen ist alltäglich – sie geht uns alle an und es braucht unser aller Engagement, um uns dagegen zu stellen. Das Linzer Frauenressort arbeitet 365 Tage im Jahr für den Gewaltschutz. Mit unseren Kampagnen zeigen wollen wir auch eines ganz deutlich sagen: Schuld sind immer die Täter, niemals die Betroffenen. Mit dieser K.O.-Tropfen Kampagne zeigen wir, dass Gewaltprävention eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft ist. Jeder einzelne Vorwurf an Betroffene verkennt die Ursachen von Gewalt und schützt damit indirekt die Täter. Diese Dynamik muss durchbrochen werden. ,Die Scham muss die Seite wechseln‘ wie Gisèle Pelicot sagt. Männer müssen Verantwortung für Männergewalt übernehmen“, fordert Frauenstadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
K.O.-Tropfen sind kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. „SO WHAT?! #notyourfault“ verschiebt die Verantwortung weg von den Betroffenen hin zu den Tätern, denn: Es ist nicht Aufgabe der Frauen, sich vor Gewalt zu schützen.
Vorurteile wie „Du bist ohne Begleitung nach Hause gegangen“ werden mit der Phrase „SO WHAT?!“ (zu Deutsch: „NA UND?!“) übermalt. Das Statement „#notyourfault“ verdeutlicht, dass die Schuld nicht bei den Betroffenen gesucht werden darf, sondern bei den Tätern. Alle Plakate enthalten zudem weiterführende Informationen zu Hilfsangeboten wie Hotlines oder Beratungsstellen. Die Kampagne wird in verschiedenen Sprachen umgesetzt, um möglichst viele Menschen zu erreichen.
Mit der Umsetzung der Kampagne wurde der Verein FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich beauftragt. Die Kampagne umfasst unter anderem prägnante Sujets und eine interaktive Social-Media Kampagne, bei der Frauen ermutigt werden ihre Erfahrungen und Meinungen zu teilen. Die gesammelten Inhalte fließen wiederum in die Entwicklung weiterer Sujets ein.
Am 01. Juli um 18:00 findet eine große Veranstaltung im Wissensturm statt. Es ist gelungen Nina Fuchs als Referentin zu gewinnen. Sie hat in Deutschland den Verein „K.O. Kein Opfer“ gegründet. Der Verein setzt sich für Betroffene ein und leistet Präventionsarbeit. Der Verein arbeitet für eine Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins, für ein Ende der Tabuisierung und Schambehaftung des Themas. „Die Entstehung dieses gemeinnützigen Vereins ist stark mit meiner eigenen Geschichte verknüpft – meine Geschichte, die am 18. April 2013 begann und mein ganzes Leben verändert hat. In dieser Nacht wurde ich unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen vergewaltigt. Fünf Jahre später, im Mai 2018, wurde dann der mutmaßliche Täter anhand der DNA-Spuren aus seinem Sperma in der Datenbank gefunden. Dennoch hat die Staatsanwaltschaft München I das Verfahren eingestellt und weder die eingereichte Beschwerde meines Anwalts noch eine sehr erfolgreiche Online-Petition mit über 100.000 Unterschriften und viel Aufmerksamkeit durch die Medien konnte das ändern. Meine Ohnmacht und meine Verzweiflung waren groß. Durch meinen Weg in die Öffentlichkeit wandten sich immer mehr Betroffene an mich und teilten ihre Geschichten mit mir. Mir wurde bewusst, dass das, was ich erlebt hatte, kein tragisches Einzelschicksal ist, sondern es fast allen Betroffenen genauso geht. All diese Fälle zeigen deutlich, welch struktureller Diskriminierung Opfer von sexualisierter Gewalt von Seiten der Justiz ausgesetzt sind“ schreibt Nina Fuchs auf der Homepage des Vereins (https://www.ko-ev.de/verein/hintergrund/).
Im Rahmen von 16 Tage gegen Gewalt gegen Frauen ist eine Ausweitung der Kampagne im öffentlichen Raum geplant – an Bussen und Haltestellen in Linz.
Im Herbst 2024 hat das Frauenressort die Kampagne „LUISA IST DA!“ in den Linzer Gastronomie- und Veranstaltungsbetrieben gestartet. Ziel von „LUISA IST DA!“ ist es, sexuelle Belästigung und Sexismus zu bekämpfen.
Übergriffiges und sexistisches Verhalten wird klar als unangebracht definiert und Mädchen und Frauen, die sich in unangenehmen oder bedrohlichen Situationen befinden, soll schnelle, diskrete und unkomplizierte Hilfe angeboten werden. Das Frauenressort der Stadt Linz organisiert nun kostenlose Schulungstermine durch das autonome Frauenzentrum für interessierte Gastronomie- und Veranstaltungsbetriebe. Mit der Frage „Ist Luisa da?“ können Frauen in teilnehmenden Betrieben Hilfe in Anspruch nehmen. Das Personal in den Betrieben ist speziell geschult und weiß, wie es diskret agieren kann, um Betroffene zu unterstützen – z.B. durch das Bestellen eines Taxis, das Benachrichtigen von Freund*innen oder die Kontaktaufnahme zur Polizei.
Seit 2014 führt das autonome Frauenzentrum die Workshops „Mit uns nicht!“ bereits im Auftrag des Frauenressorts durch. In diesen Workshops werden auch K.O.-Tropfen thematisiert, um junge Frauen über deren Einsatz und Wirkung aufzuklären sowie in eine Auseinandersetzung über Übergriffe und die Wahrung der eigenen Grenzen zu treten. In einem geschützten Rahmen werden die Mädchen über unterschiedliche Formen von Gewalt, im Speziellen über sexuelle Gewalt im Zusammenhang mit K.O.-Tropfen, aufgeklärt.
Ein länderübergreifendes Forschungsprojekt zum Thema K.O.-Tropfen startete kürzlich an der Juniorprofessur für Europäisches Management der TU Chemnitz in Kooperation mit Forscher:innen in Innsbruck und Dresden. Dabei wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz mittels einer anonymen Online-Befragung der allgemeine Wissensstand über K.O.-Tropfen erhoben und gleichzeitig werden auch eigene Erfahrungen der Befragten mit K.O.-Mitteln erfasst.
Denn auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass der Anteil drogenassoziierter Sexualdelikte insbesondere in Zusammenhang mit K.O.-Tropfen und Alkohol in den letzten Jahren zugenommen haben könnte, gibt es kaum Zahlen über den tatsächlichen Missbrauch von K.O.-Tropfen. Das liegt zum einen an der teilweisen sehr kurzen Zeitspanne der Nachweisbarkeit von als K.O.-Tropfen missbrauchten Substanzen und zum anderen an der Unwissenheit der Opfer. Das länderübergreifende Projekt unter Leitung der Chemnitzer Forscherin Dr.in Charlotte Förster soll im Rahmen ihrer europäischen Gesundheitsforschung Licht in die vermutlich hohe Dunkelziffer von Betroffenen bringen, die bereits mit K.O.-Mitteln in Kontakt gekommen sind.
Text- und Fotoquelle: Stadt Linz