Eine überzogene Verdichtung, das Ausreizen der Baugründe beinahe auf den letzten Zentimeter, die Investoren als einzige Gewinner: Das haben die Bauvorhaben in der Stockhofstraße und an der Ecke Mozartstraße/Dametzstraße gemeinsam. Seit heute Nachmittag steht fest, dass beide Projekte auf Kosten der Allgemeinheit realisiert werden können, da der Gemeinderat bei Gegenstimme der Grünen die nötigen Bebauungsplanänderungen beschlossen hat. „Das ist eine Bankrotterklärung der Linzer Stadtplanungspolitik, die sich hier einmal mehr von den Projektanten treiben lässt. Für eine menschliche Stadtgestaltung braucht es eine qualitativ angemessene Dichte, keine Maßlose, die auch noch zu mehr Hitze in der Stadt führt“, erneuert der Grüne Planungssprecher und Stadtplanungsexperte Markus Rabengruber seine Kritik.
SPÖ, FPÖ und NEOS haben sich über zahlreiche Bedenken der Anrainer:innen und Expert:innen hinweggesetzt und die Bebauungsplanänderung in der Stockhofstraße durchgewunken. Somit kann auf dem Grundstück einer ehemaligen Tankstelle ein fünfgeschoßiges Gebäude inklusive eines zurückgesetzten Dachgeschoßes und einer Tiefgarage betoniert werden. Zugunsten der GSA Wohnbauträger GmbH ist auch eine früher gemachte Vorgabe des ehemaligen FPÖ-Planungsreferenten, Vizebürgermeister Hein, dass die Hälfte des Grundstücks ein öffentlicher Park werden soll, gekippt worden.
Zu befürchten ist außerdem, dass während der Baumaßnahmen drei große bestehende Stieleichen im öffentlichen Raum, die in unmittelbarer Nähe Schatten spenden, in Mitleidenschaft gezogen werden oder schlimmstenfalls die Bauarbeiten erst gar nicht überleben. „Die Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen im Viertel scheint zweitrangig. Das hat mit einer vorausschauenden Stadtplanung, die das Steuer selbst in der Hand hat, nichts zu tun. Dabei muss es doch heute selbstverständlich sein, dass wir von großen bestehenden Bäumen abrücken, damit diese überleben können“, gibt Rabengruber zu bedenken.
Entsprechend negativ fällt auch die Stellungnahme der städtischen Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt zu dem Vorhaben aus: „Aus stadtklimatologischer Sicht ist ein Planungsvorhaben dieser Dimension für den gewählten Standort ungeeignet, da nicht ausreichend Ausgleichsmaßnahmen gesetzt werden können, um lokale mikroklimatische Verschlechterungen zu vermeiden“, heißt es unter anderem in der Stellungnahme.
Ebenso wenig im Sinne einer Stadtentwicklung, bei der die Interessen der Allgemeinheit überwiegen, sind die Pläne für den 36-Meter-Turm an der Ecke Mozartstraße/Dametzstraße für dessen Realisierung heute ebenfalls der Bebauungsplan mit Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und NEOS geändert worden ist. „Die ‚Innere Stadt‘ ist mit 89 Personen pro Hektar schon jetzt das Stadtviertel mit der höchsten Bevölkerungsdichte und zugleich mit dem geringsten Grünanteil. Trotz dieser Tatsachen die Verdichtung hier nun noch weiter in die Höhe zu schrauben, ist absurd“, macht Rabengruber deutlich.
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die von der Stadtklimatologie geforderten Untersuchungen nicht durchgeführt worden sind, das Projekt aber dennoch bereits vom Gestaltungsbeirat genehmigt worden ist. Gleichzeitig führt dieses Bauvorhaben für Rabengruber „einmal mehr vor Augen, wie achtlos mit dem baukulturellen Erbe in unserer Stadt umgegangen wird. Bei einem durch den Bebauungsplan geschützten Gründerzeithaus bleibt nur die Fassade stehen. Hier wäre generell mehr Sensibilität und eine ressourcenschonendere Vorgehensweise mit dem Altbestand notwendig.“
Zugleich kritisiert der Stadtplanungsexperte die regelmäßigen und oftmals anlassbezogenen Bebauungsplanänderungen. „Ein rechtsgültiger Bebauungsplan ist als Rechtsgrundlage anzusehen und stellt auch für die die Nachbarschaft eine Rechtssicherheit dar. Diese gilt es zu schützen und nicht für die Interessen einzelner Projektwerber:innen ständig zu ändern, wie es heute im Gemeinderat einmal mehr geschehen ist“, betont Rabengruber.